In einem umfassenden Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft hat die nicaraguanische Regierung unter der Führung von Präsident Daniel Ortega und Vizepräsidentin Rosario Murillo 169 Nichtregierungs- und gemeinnützigen Organisationen, darunter zahlreichen religiösen Einrichtungen, den rechtlichen Status entzogen. Diese Maßnahme ist Teil einer breit angelegten Kampagne, die sich seit 2018 gegen mehr als 5.600 Organisationen richtet und die religiösen und staatsbürgerlichen Freiheiten im ganzen Land stark einschränkt.
Verschärfter Druck auf religiöse Einrichtungen
Zu den betroffenen Gruppen gehören eine beträchtliche Anzahl protestantischer Kirchen, die Nicaraguanische Evangelische Allianz und historische Konfessionen wie die Episkopalkirche und die Moravian Churches, die seit Jahrzehnten indigenen und afro-deszendenten Gemeinschaften dienen.
Die Entscheidung der Regierung, die in der offiziellen Publikation La Gaceta am 29. August bekannt gegeben wurde, folgt einem Muster der Unterdrückung, das sich zunehmend auf religiöse Organisationen konzentriert und sich über die römisch-katholische Kirche hinaus auf ein breites Spektrum von christlichen Konfessionen und anderen religiösen Gruppen erstreckt.
Das Ortega-Regime hat diese Schließungen damit gerechtfertigt, dass diese Organisationen keine Jahresabschlüsse für Zeiträume von zwei bis 30 Jahren vorgelegt haben. Diese Rechtfertigung ist jedoch sowohl in Nicaragua als auch international auf breite Kritik gestoßen. Organisationen wie Christian Solidarity Worldwide (CSW) und die Vereinten Nationen haben große Bedenken geäußert und darauf hingewiesen, dass diese Maßnahmen eine direkte Bedrohung für die Religionsfreiheit und die Zivilgesellschaft darstellen.
Das harte Vorgehen erfolgt vor dem Hintergrund einer Steuerreform, die von der nicaraguanischen Nationalversammlung am 20. August verabschiedet wurde und die Steuerbefreiungen für religiöse Einrichtungen abschafft. Diese Reform, die alle religiösen Einrichtungen demselben Steuersystem unterwirft wie private Wirtschaftssektoren, erhebt eine Einkommenssteuer auf Opfergaben, Almosen und Spenden mit Sätzen zwischen 10 und 30 Prozent.
Es wird erwartet, dass die finanzielle Belastung für religiöse Organisationen, die bereits von den Strafmaßnahmen der Regierung betroffen sind, schwerwiegend sein wird, insbesondere für diejenigen, die soziale und erzieherische Dienste für gefährdete Gemeinschaften anbieten.
Die internationale Gemeinschaft hat mit Alarm reagiert. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte hat in einer Erklärung die Maßnahmen der nicaraguanischen Regierung verurteilt und betont, dass sie die Grundfreiheiten bedrohen, darunter das Recht auf Religions- und Vereinigungsfreiheit.
Der Schritt, das Vermögen dieser Organisationen unter staatliche Kontrolle zu stellen, hat die Besorgnis über die Aushöhlung des zivilen Raums in Nicaragua unter der Regierung Ortega-Murillo weiter verstärkt.
Da die Regierung ihr hartes Durchgreifen fortsetzt, bleibt die Zukunft der religiösen und zivilen Organisationen in Nicaragua ungewiss und viele befürchten, dass die Repression noch zunehmen wird.